Neues Urteil zum Fernunterrichtsgesetz: Lichtblick für alle, die Onlinekurse erstellen
Monatelang gab es nur Hiobsbotschaften:
Aufgrund eines veralteten Gesetzes müssten ein Großteil aller Onlinekurse von der ZFU zertifiziert werden.
Jetzt gibt es endlich ein Urteil, das Hoffnung macht.
Während der BGH viele hochpreisige Online-Coachings gekippt hat, sieht das Landgericht München Zoom-Coachings nicht automatisch als Fernunterricht.
Kurz gesagt: Das Fernunterrichtsgesetz ist kein Todesurteil für Coaches 🙂
Hier im Video habe ich alles für Sie zusammengefasst.
(Und ja: Es wird zum Teil auch unterhaltsam bzw. zynisch :-))
Das Wichtigste aus dem Video habe ich Ihnen hier zum Nachlesen zusammengefasst:
Inhalt - Das lesen Sie in diesem Artikel
Ein kurzer Blick zurück
Das Fernunterrichtsgesetz gibt es seit dem 1. Januar 1977.
Damals hatte man natürlich noch keine Zoom-Calls – Unterrichtsmaterialien wurden per Post verschickt, dazu kamen VHS-Kassetten und Unterlagen. Wer so einen Kurs belegte, musste am Ende Prüfungen ablegen.
Das Gesetz war also an sich eine gute Sache:
Es sollte sicherstellen, dass Anbieter seriös sind und Teilnehmer nicht auf dubiose „Windbeutel“ hereinfallen.
Gleichzeitig bekamen Fernschulen ein offizielles Zertifikat, das Vertrauen schuf.
Das Problem des Fernunterrichtsschutzgesetzes heute
Wir machen einen Schnellvorlauf ins Jahr 2025:
Findige Anwälte haben entdeckt, dass die Formulierungen im Gesetz so schwammig sind, dass theoretisch jede Form von Wissensvermittlung auf Distanz darunterfallen kann – also auch Online-Kurse und Coachings.
Die durchaus dramatische Folge:
- Verträge ohne ZFU-Zulassung können als nichtig gelten.
- Teilnehmer können für relativ wenig Geld einen Anwalt nehmen und gezahlte Beträge zurückfordern und damit die Kursanbieter in den Konkurs treiben.
- Hypothetisch wären auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen möglich – wobei es hier bislang (zum Glück) keine Fälle gibt.
So richtig Fahrt aufgenommen hat die Diskussion mit einem Fall, der es bis vor den Bundesgerichtshof geschafft hat und damit große Wellen schlug.
Es ging um ein hochpreisiges Business Mentoring im Wert von 47.600 Euro mit dem Titel „9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“.
Ein Teilnehmer forderte knapp die Hälfte, rund 23.800 Euro, zurück. Seine Begründung: Der Vertrag sei nichtig, weil das Programm keine Zulassung durch die ZFU hatte.
Dass der Bundesgerichtshof hier tatsächlich zugunsten des Teilnehmers entschied, war ein echter Paukenschlag.
Denn damit wurde erstmals auf höchster Ebene bestätigt, dass auch Online Coachings unter das Fernunterrichtsgesetz fallen können.
Besonders brisant war natürlich auch die hohe Summe.
Für solche Beträge lohnt sich der Gang vor Gericht und genau deshalb hat dieser Fall so große Aufmerksamkeit erzeugt.
Warum Panik fehl am Platz ist
Bevor jetzt jemand alles hinschmeißt: So einfach ist es nicht.
- Wer aussteigen will, braucht einen Anwalt und muss vor Gericht ziehen.
- Kleine Verträge von 500 oder 2.000 Euro lohnen diesen Aufwand kaum.
- Eine Flut von Abmahnungen ist bisher ausgeblieben. Und würde ohnehin viele neue Fragen aufwerfen.
Warum nicht einfach alle ihre Kurse zertifizieren lassen
Wer sich nun fragt, warum nicht einfach alle ihre Kurse schnell zertifizieren lassen, bekommt hier die ernüchternde Antwort:
Offiziell soll eine Zulassung rund drei Monate dauern.
In der Praxis berichten Anbieter jedoch regelmäßig von sechs Monaten und in manchen Fällen sogar von einem Jahr, bis alles durch ist.
Auch die Kosten sind nicht ohne.
Die Gebühr beträgt mindestens etwas über eintausend Euro. In der Regel sind es aber rund 150 Prozent des Verkaufspreises eines Kurses.
Wer also ein Programm für 5.000 Euro anbietet, müsste rund 7.500 Euro für die Zertifizierung bezahlen.
Bei Hochpreisangeboten wird es richtig absurd.
Ein Mentoring für 50.000 Euro würde eine Gebühr von 75.000 Euro nach sich ziehen.
Und jede Änderung am Kurs bringt zusätzliche Kosten mit sich.
Die Realität bei der ZFU
Spannend ist jedoch in diesem Kontext ein Blick hinter die Kulissen.
Bei der ZFU arbeiten nämlich nur etwa 18 Menschen!
5 Beamte und Beamtinnen sowie 13 Angestellte, darunter auch Verwaltung und IT.
Für die inhaltliche Prüfung greifen sie zusätzlich auf externe Gutachter zurück. Doch wenn man bedenkt, dass theoretisch zehntausende Coaches und Kursanbieter ihre Programme einreichen müssten, wird deutlich, dass diese kleine Mannschaft das niemals bewältigen könnte.
Eigentlich ist das Thema mit der Zertifizierung nichts Neues
Auch wenn es aktuell so wirkt, als sei das Fernunterrichtsgesetz plötzlich wie ein Blitz eingeschlagen, ganz neu ist das alles nicht.
Ich selbst bin schon 2016 und 2017 zum ersten Mal darauf gestoßen.
Damals habe ich für eine Kundin Unterlagen für eine Ausbildung erstellt und wir haben uns sehr genau angesehen, welche Formulierungen erlaubt sind und welche nicht.
Schon damals war nach unserer Recherche klar:
Wenn wir das Ganze „Ausbildung“ nennen oder am Ende ein Zertifikat ausstellen, kann es unter das Fernunterrichtsgesetz fallen und zertifizierungspflichtig werden.
Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass ich von Anfang an bewusst bestimmte Begriffe vermieden habe und keine Zertifikate am Ende herausgebe.
Die Regeln zur Zertifizierung gab es schon immer (beziehungsweise seit Januar 1977).
Sie sind nur durch die jüngsten Urteile wieder in den Vordergrund gerückt.
Das neue Urteil aus München – endlich Hoffnung
Am 8. August 2025 hat das Landgericht München entschieden, dass Online-Coachings mit Zoom-Calls und Live-Videokonferenzen durchaus mit einer Betreuung in Präsenz vergleichbar sind. Ergebnis: Das Fernunterrichtsgesetz sei hier nicht anwendbar.
Das ist ein echter Lichtblick – und zeigt, dass die Rechtsprechung nicht in Stein gemeißelt ist.
Unterschiedliche Gerichte bewerten die Lage derzeit unterschiedlich, was Bewegung in die Sache bringt.
Wo steht die Politik?
Noch eine erfreuliche Nachricht: Im Koalitionsvertrag 2025 ist die Reform des Fernunterrichtsgesetzes ausdrücklich erwähnt. Die Regierung hat das Thema also auf dem Schirm.
Natürlich gibt es derzeit andere Großbaustellen in der Politik.
Aber immerhin: Es wird nicht ignoriert.
Was Sie jetzt konkret tun können
Bis es eine eindeutige gesetzliche Regelung gibt, helfen ein paar einfache Stellschrauben:
- Sprache prüfen: Begriffe wie „Ausbildung“ oder „Zertifikat“ vermeiden.
- Live-Anteile einbauen: Am besten auch ohne Aufzeichnung. Coworkings sind z. B. ein großartiges Format.
- Selbstlern-Kurse abgrenzen: Reine Selbstlernkurse ohne Feedback-Möglichkeiten sind weniger riskant.
- Gelassen bleiben: Bisher ist noch niemand für normale Coachings „abgemahnt“ worden.
Fazit: Durchatmen und weitermachen
Ja, das Fernunterrichtsgesetz ist alt und passt nicht mehr in unsere digitale Zeit. Aber:
- Ein aktuelles Urteil macht Hoffnung.
- Die Politik arbeitet an einer Reform.
- Und mit ein paar Anpassungen können Sie Ihr Business rechtssicher weiterführen.
Mein Tipp zum Abschluss:
Bleiben Sie kreativ, bauen Sie Live-Formate klug ein und lassen Sie sich von der Aufregung nicht lähmen.